Gutes Umweltgewissen und Fahrspaß schließen einander aus? – Auf gar keinen Fall! Das war für Torsten die Schlussfolgerung nach einer ausgiebigen Probefahrt mit seinem Renault Zoe. Hier erzählt er uns, wie ihn Komfort und Beschleunigung endgültig vom elektrischen Autofahren überzeugt haben – und worauf es sonst beim Alltag mit einem Stromer ankommt.
Name:
Torsten
Alter:
53
Beruf:
Ingenieur in der Kfz-Entwicklung
Stell uns dein Driver’s Car vor:
Ich fahre derzeit einen 2014er Renault ZOE mit 21-kWh-Akku, also ein reines E-Auto ohne Verbrenner (BEV). Das Fahrzeug besitze ich seit 2017 und bin damit bisher etwa 12000 km jährlich gefahren.
Warum hast du dich schon zu diesem Zeitpunkt für ein reines Elektrofahrzeug entschieden?
Was mich bei der ersten Probefahrt vor allem am elektrischen Fahren fasziniert hat, war die Gelassenheit: Ein E-Auto fährt sich wunderbar leise, fast ohne Geräusche, und zieht trotzdem sofort und ohne Unterbrechung durch. Nach reichlicher Lektüre einschlägiger Testberichte – meist wahlweise total euphorisch oder regelrecht vernichtend –, wollte ich mir aber vor allem selbst ein Bild von der Alltags- und Reisetauglichkeit machen, gerade mit einem kleinen Akku.

Am Ende bin ich persönlich zu dem Schluss gekommen, dass ich mit kleinerem Akku und bewusstem Ladeverhalten erheblich klimaschonender fahre als mit einem Verbrenner. An denen habe ich ja viele Jahre selbst mitentwickelt.
Als das elektrische Fahren durch einen gebrauchten Renault Zoe und den dazu gemieteten Akku plötzlich erschwinglich, praktikabel und risikoarm wurde, gab es kein Halten mehr für mich.
Wie lädst du deinen Wagen auf?
Im Alltag zumeist an der eigenen Wallbox, die jetzt endlich zum hoffentlich größten Teil von eigener Photovoltaik gespeist wird. Luxuriöser geht es kaum: nachhause kommen, einstöpseln, fertig.

Was sind deine Erfahrungen mit öffentlichen Ladesäulen?
Für längere Strecken habe ich mich sehr schnell an etwas Vorplanung gewöhnt. Die wird einem aber durch diverse Lade-Apps fürs Handy sehr einfach gemacht.
Die meisten Apps ermöglichen nämlich nicht nur das Freischalten einer Ladesäule zum Laden, sie zeigen auch Verfügbarkeit, Kosten (pro kWh oder pro Ladevorgang) und verfügbare Ladeleistung (in kW). Bei der verfügbaren Leistung entscheidet aber immer das langsamste Glied der Kette, also entweder Auto oder Ladesäule: Auch ein Porsche Taycan lädt an einer 11kW-Säule mit nur 11kW; ein Renault Zoe lädt auch an einer 350kW Säule nur mit maximal 50 kW, und auch das nur kurz.
Angefangen habe ich mit der damals von Renault empfohlenen, schon sehr guten Lade-App Charge My EV. Nach einer Weile habe ich zusätzlich GetCharge hinzugenommen, quasi als ‚doppelten Boden‘. Am besten macht man sich vorher schlau, welche App die eigene Gegend gut abdeckt.

Beim Laden liefert ein Adapter für andere Steckertypen noch mehr Flexibilität, benötigt habe ich aber zum Glück noch nie einen. Mit den aufkommenden CCS-Ladern, auf die auch Typ2-Stecker passen, dürfte sich das aber fast erledigt haben. Mein persönlicher Tipp: 10-Meter-Ladekabel sind wahnsinnig hilfreich, wenn die Säule mal wieder von einem Verbrenner zugeparkt ist.
Meine wichtigste Erfahrung ist aber die, immer etwas Akku-Puffer und eine zweite Lade-Option mit einzuplanen.
Meiner Meinung nach ist die weit verbreitete Reichweitenangst vor allem bei denen anzutreffen, die bislang noch gar keine eigene BEV Erfahrung haben – oder erst gar keine machen wollen. Ja, Laden auf der Strecke kostet natürlich etwas mehr Zeit als Tanken. Die nutze ich dann halt einfach für WhatsApp, Einkaufen, Sightseeing oder einen Cappuccino.
Aus der Hüfte geschossen: Welche 5 Punkte nerven dich an deinem Auto?
Auf fünf Punkte bin ich nicht gekommen, aber immerhin drei fallen mir sofort ein:
- Bei Nässe ist der Frontantrieb im Renault Zoe gelegentlich vom Drehmoment des Elektromotors überfordert.
- Die Klimaautomatik entwickelt manchmal ein völlig unerklärliches Eigenleben.
- Ohne Motorgeräusch eines Verbrenners nerven jetzt gelegentlich die Geräusche von Scheibenwischer, Steuerelektronik oder Lüftung. Okay, das ist Jammern auf hohem Niveau.
Und welche 5 Dinge haben dich positiv überrascht?
Der Umstieg auf Elektroantrieb hat schon einige gute Überraschungen gebracht:
- Kurvenreiche und bergige Strecke machen mit dem elektrischen Antrieb einen unglaublichen Spaß – Drehmoment und Beschleunigung machen es möglich. Und das sogar mit der relativ geringen Leistung des Renault Zoe.
- Die Langlebigkeit des Akkus hat mich ebenfalls positiv überrascht. Nach 6 Jahren Betriebsdauer spüre ich noch keinerlei Verlust von Reichweite.
- Die Wintertauglichkeit ist viel besser als erwartet: Selbst bei -15 Grad hatte ich nur ca. 22 Prozent weniger Reichweite (übrigens: ohne zu frieren).
- Die Zoe hat trotz kleiner Außenmaße ein gutes Platzangebot im Innen- und Kofferraum.
- Die Ruhe im Innenraum ist immer wieder klasse. Zum ersten Mal im Leben genieße ich beim Fahren klassische Musik. Sehr schön!

Was war das schönste Erlebnis oder die schönste Strecke mit deinem Driver’s Car?
Die schönsten Ausfahrten hatte ich bisher in der kurvigen und hügeligen Eifel. Bis in die Alpen habe ich es mit meiner Zoe bislang leider noch nicht geschafft.
Zum schönsten Erlebnis: Es ist immer toll für mich, wenn ich jemanden für das elektrische Fahren begeistern oder Vorbehalte dagegen ausräumen kann. In meiner Nachbarschaft haben mittlerweile so einige auf Elektromobilität umgesattelt.
Auch sehr schön war die spontane Hilfsbereitschaft und Kreativität gleich mehrerer Fahrer an einer Raststätte vor etwa einem Jahr: Dort hatte jemand irrtümlicherweise eine Ladesäule zugeparkt und ich brauchte etwas Hilfe, um mein Kabel anschließen zu können. Dabei sind wirklich nette und interessierte Gespräche entstanden.
Hast du den Wagen gekauft oder geleast? Und was hat bei der Entscheidung den Ausschlag gegeben?
Damals wurde nur von Renault die Option angeboten, den Akku risikolos zu mieten. Zusammen mit dem daraus resultierenden günstigen Gebrauchtwagenpreis war das für mich ein überzeugendes Argument für den Einstieg in die Elektromobilität – ich habe meine Zoe gekauft. Das war aber nur der rationale Aspekt.
Letztlich ausschlaggebend war wohl, wie ungern ich den Leihwagen nach der 3-tägigen Probefahrt wieder zurückgegeben habe.

Was würdest du anderen Fahrern empfehlen, die sich ebenfalls für ein Elektroauto interessieren?
Also, das ist ein sehr weites Feld. Ich zähle einmal die Aspekte auf, die ich besonders wichtig finde:
- Zunächst bedeutet der Umstieg auf (rein) elektrisches Fahren eine erhebliche Umstellung mit vielen Vorzügen aber eben auch noch einigen Herausforderungen. Man betritt als Neu-Elektrofahrer technisches Neuland und gelegentlich kann deshalb Improvisieren gefragt sein, gerade beim Laden. Interessenten sollten sich also ehrlich fragen, ob sie das wollen. Denn das bleibt ja auch nach einer oftmals begeisternden Probefahrt bestehen.
- Dann muss es mit dem Laden klappen: Habe ich täglich verlässlichen Zugriff auf eine Steckdose? Auch eine 220-V-Haushaltssteckdose reicht normalerweise völlig aus für 100 km oder mehr Reichweite am nächsten Tag. Aber eine Wallbox macht natürlich noch flexibler. Immer mehr Arbeitgeber ermöglichen auch das tägliche Aufladen auf dem Firmengelände, was die Sache weiter vereinfacht. Ist das alles nicht der Fall, wird elektrisches Fahren spürbar aufwändiger.
- Ein Fahrer mit Interesse an Elektromobilität sollte sich fragen, ob er vor allem finanzielle Aspekte im Blick hat. Dann amortisiert sich die aktuell noch meist teurere Anschaffung natürlich am schnellsten bei höheren Jahreskilometerleistungen. Wer täglich 100 km oder mehr pendelt, braucht da nicht lange zu überlegen, weil er enorme Spritkosten spart.
Fairerweise: Hamburg-München im Non-Stop-Tiefflug geht noch nicht mit reinen Stromern. Wer ein solches Fahrprofil hat, sollte sich doch besser nach einem Diesel oder sparsamen Benziner umschauen– oder mit dem Zug fahren.
Wie groß siehst du persönlich den Vorteil beim Umweltaspekt?
Elektroautos sind im laufenden Betrieb ganz klar überlegen, was die CO2-Emissionen angeht – das zeigen auch aktuelle Studien. Klar, das Gesamtergebnis hängt immer vom verfügbaren Strommix ab. Aber selbst, wenn man sich nur die konventionelle Stromerzeugung anschaut, ist die CO2-Bilanz deutlich besser als bei Verbrennerfahrzeugen. Dazu reicht schon ein kurzer Vergleich von einem modernen Kraftwerk wie Datteln 4, das mit 45 Prozent Effizienz arbeitet, mit den Vorgaben der Euro-6-Norm. Angesichts des allmählichen, aber stetigen Zuwachses an erneuerbaren Energien wird sich dieser Emissionsvorteil weiter vergrößern.
Idealerweise packt sich der Elektromobilist sowieso gleich die eigene Photovoltaik aufs Dach, dann macht die Sache noch mal mehr Spaß und man fährt komplett emissionsfrei. Zugegeben: Dazu müssen die Voraussetzungen mit Eigenheim und eigener Garage passen.
Der Bedarf an schwer zu gewinnenden Rohstoffen ist bei Batteriefahrzeugen natürlich so ein Knackpunkt, aber das ist er bei Verbrennern genauso. Hier muss wohl jeder für sich selbst entscheiden, ob er den Wasserverbrauch beim Lithiumabbau in Chile oder die Bodenverseuchung durch Ölsandförderung in Kanada schlimmer findet. Schön ist sicher beides nicht.
Sollte die Entscheidung dann für einen Stromer gefallen sein: Testberichte ignorieren und sich einfach selbst ein Bild machen. Journalisten urteilen auch nur subjektiv, sodass das Testergebnis unter Umständen keine Aussagekraft für den eigenen Bedarf hat. Stattdessen sollte man alle praktikablen und erschwinglichen Modelle selbst probefahren – denn letztlich soll das neue Auto für so viel Geld ja einem selbst gefallen und vor allem Spaß machen.
Zum Schluss: Wenn du dir einen neuen Wagen aussuchen müsstest, wäre das ein…?
… Elektroauto 🙂
Was ist Deine Meinung zur Elektromobilität? Kommt die Elektrowende gerade in Fahrt? Oder gehörst du eher zu den Großkolbenfreunden? Hinterlasse einfach einen Kommentar!
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